Durch die Tür 

Ulrich Bach

                                                                                                                                                 
                                 Vielleicht hab'  ich es falsch gemacht.
Als mein Sohn mich zum Hotel-Eingang schob,
hielt uns ein - sagen wir vierzigjähriger - Fremder
die Tür auf.
O besten Dank, sehr freundlich.
Da kommt er uns zwei Schritte nach:
Das steht ja schon in der Bibel,
du sollst deinen Nächsten lieben,
vielleicht wissen Sie das.
Ja, ja, ich weiß, natürlich.
Sonst sagte ich nichts.
Am liebsten hätte ich gesagt:
In meiner Bibel stehen noch ganz andere Sachen.
Von der linken Hand,
die nicht wissen soll, was die rechte tut -
zum Beispiel.
Am liebsten hätte ich ihm gesagt,
dass Jesus gekommen ist, um uns frei zu machen
von allen Mächten und Krämpfen;
dass Jesus gestorben und auferstanden ist,
damit Friede sei,
Friede inmitten der Angst.
Am liebsten hätte ich ihm gesagt,
dass ich an einen ganz anderen glaube
als an jenen fenen Herrn,
der im Laufe von zwei Jahrtausenen
degenerierte
zu einer büggerlichen Motiviation,
einem Behinderten die Tür aufzuhalten.
Wer ist dieser Jesus,
wenn er nicht mehr bedeutet als das?
Und wer ist dieser Vierzigjährige,
wenn er mir
ohne seine Bibel
also nicht die Tür aufgemacht hätte?
Am liebsten hätte cih
mich lange mit ihm zusammengesetzt.
Aber ich sagte bloß:
Ja, ja, ich weiß, natürlich.
Er sah so zufrieden aus.
Er freute sich,
für einen Augenblick
mit Jeus
- mit seinem Jesus -
konform zu sein.
Sollte ich ihm
so etwas Schönes kaputtmachen?
Ich sagte nur:
Ja, ja, ich weiß, natürlich.
Vielleicht hab'  ich es falsch gemacht.   

                                         

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