Weihnachten, damals

Martina Klusmeier

Morgens aufwachen mit einem leichten Kribbeln im Bauch, Vorfreude auf etwas Wunderbares. Am Frühstückstisch ist alles wie immer, sogar die üblichen Streitereinen mit dem kleinen Bruder, die Erinnerung der Mutter ... ihr sollt doch nicht immer streiten ... Der Vormittag zieht sich lästig in die Länge, trotz des ersten Ferientages, der tausend Dinge, die darauf warten, getan zu werden. Den Erwachsenen im Weg herumstehen. Spielen mit den Spielsachen, mit dem Hintergedanken, dass sie bald schon in Vergessenheit geraten könnten, angesichts der zu erwartenden Neuzugänge. Etwas Wehmütigkeit deshalb, aber auch weiter wachsende Vorfreude. Das letzte Mal kontrollieren, ob auch alle Geschenke da sind, verpackt sind, wirklich nichts vergessen worden ist. Kann ich mein Gedicht noch? Wollte ich überhaupt ein Gedicht sagen? Oder mit Papa zusammen Weihnachtslieder unter dem Tannenbaum spielen? Oder mit Volker? Wird Opa sich freuen und stolz auf unsere Künste sein? Zu dem Vorfreude-Kribbeln gesellt sich ein Schwarm Schmetterlinge im Bauch.

Dann endlich: der geschmückte Weihnachtsbaum, Frohe Weihnachten, kein Gedicht, aber Oh du fröhliche für alle. Die Geschenke überreichen, Geschenke öffnen. Szenenwechsel zu Oma und Opa, Gemeinschaftsweihnachten mit Onkel und Tante, Cousin und Kusine. Der zweite Gabentisch, die fest erwarteten, weil jedes Jahr wiederkehrenden Süßigkeiten, liebevoll auf Weihnachtstellern bereitet. Zurück nach oben zu uns, den Rest des Abends im Weihnachtszimmer, die neuen Sachen ausgiebig erkunden. Wir gehen schließlich ins Bett, die Nase noch beschäftigt mit den Gerüchen von Weihnachten. Und den Tag, die nächsten Tage überlagert von einer leisen Unwirklichkeit.

Weihnachten, damals.

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